EIN TROJANISCHES PFERD FÜR DIE FAMILIEN
KINDERRECHTE INS GRUNDGESETZ:
Nachdem die Forderung nach einer Aufnahme eigener Kinderrechte ins Grundgesetz über lange Zeit hinweg auf der Agenda linker Parteien und Verbände stand, hat auch die CDU dieses Ziel im Bundestagswahlprogramm 2017 übernommen und einer entsprechenden Vereinbarung im Koalitionsprogramm zugestimmt. Damit hat die Union einmal mehr eine familienpolitische Kehrtwende hingelegt und früher vertretene Haltungen über Bord geworfen.
Aber was ist eigentlich so falsch daran, das Recht jedes Kindes auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit in Artikel 6 unseres Grundgesetzes zu verankern? Wird damit nicht der Schutz der Schwächsten und Kleinsten an herausgehobener Stelle betont und damit gestärkt? Was bewegt die zahlreichen und durchaus namhaften Kritiker dieses Projekts wie die Verfassungsrechtler Prof. Gregor Kirchhof oder Prof. Arndt Uhle, sich einer solchen Forderung zu verweigern?
Im Wesentlichen sind es drei Argumente, die gegen das Vorhaben sprechen:
1. Kinder genießen bereits nach geltendem Verfassungsrecht den umfassenden Schutz, den die Grundrechte des Grundgesetzes für jeden Menschen verbürgen – vom Recht auf Leben bis zum Schutz der Religionsfreiheit. Einer ausdrücklichen Aufnahme neuer Rechte für Kinder bedarf es daher ebenso wenig wie für andere Gruppen unserer Gesellschaft. Zudem ist mit einer Verankerung von Rechten im Grundgesetz alleine nichts gewonnen, solange auf einfach rechtlicher Ebene nicht die entsprechenden Schlussfolgerungen daraus gezogen werden. So hat etwa Artikel 2 GG („Jeder hat das Recht auf Leben“) nicht verhindert, dass in den letzten 20 Jahren etwa vier Millionen Kindervor der Geburt durch Abtreibung getötet wurden.
2. Mit einer Aufnahme eigener Kinderrechte ins Grundgesetz droht sich das Verhältnis zwischen Elternverantwortung und staatlichem Wächteramt zu Lasten des Elternrechts und zugunsten staatlicher Einflussnahme zu verändern. Unter Berufung auf diese Rechte ließen sich zukünftig bereits im Vorfeld einer Beeinträchtigung des Kindeswohls und damit sehr viel früher und häufiger als bislang staatliche Interventionen rechtfertigen. Sind bisher die Eltern in erster Linie für das Wohlergehen und die Wahrnehmung der Rechte ihrer Kinder verantwortlich, würde dem Staat als Vertreter unabhängiger, notfalls gegen die Eltern einklagbarer Kinderrechte eine sehr viel stärkere Rolle zukommen. Dies könnte beispielsweise bedeuten, dass mit dem Hinweis auf Chancengleichheit und die Notwendigkeit „frühkindlicher Bildung“ eine Kita-Pflicht eingeführt oder eine betont konservative Erziehung von Kindern zur Rechtfertigung staatlicher Eingriffe und Inobhutnahmen dienen würde.
3. Die Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass solche Sorgen alles andere als unbegründet sind. So sind in Norwegen nach der Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung die Interventionen staatlicher Behörden in Familien ebenso drastisch gestiegen wie die Zahl der Sorgerechtsentzüge. Wie die Schweizer „Weltwoche“ berichtete, gelten für die zuständigen Sozialpädagogen der norwegischen Vormundschaftsbehörde selbst solche Eltern als verdächtig, die ihr Kind in „traditionellen Rollenmustern“ erziehen, die dem staatlichen Gender-Mainstreaming-Programm widersprechen. Dahinter steht die Überzeugung, Kinder seien in den angeblich „professionellen Händen“ von Vater Staat besser aufgehoben als bei ihren Eltern. Dieser ideologisch motivierten Hybris würde durch „Kinderrechte in der Verfassung“ ein zusätzlicher, mächtiger Hebel verschafft. Grundrechte, die ja eigentlich Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat darstellen, könnten so paradoxerweise dazu missbraucht werden, die Freiheit von Eltern und Familien zu beschränken und gleichzeitig die Zugriffsrechte des Staates zu erweitern.
Mit Blick auf die hier beschriebenen Gefahren lehnen wir als AfD die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz ab. Sie ist ein trojanisches Pferd, weil sie schön klingt, aber bei näherem Hinsehen erhebliche Risiken birgt. Wirkliche Vorteile für die Kinder wären damit nicht verbunden, sehr wohl aber würde sie einen Paradigmenwechsel in der Familienpolitik einleiten, an dessen Ende noch weniger Elternverantwortung und noch mehr staatlicher Einfluss stünde. Das entspricht weder unserem Menschenbild noch unserem Verständnis eines subsidiären Staates, der die Freiheit seiner Bürger respektiert. Lassen wir uns nicht täuschen: es steht viel auf dem Spiel!
Autor: Michael Frisch MdL